Grambow, Jürgen
Dr. phil. Jürgen Grambow, geboren 1941, Literaturwissenschaftler und Publizist, Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen, war profunder Kenner der norddeutschen Regionalliteratur. Für Editionen und kritische Begleitung niederdeutscher Literatur erhielt er 1995 den Gillhoff-Preis und 2000 den Fritz-Reuter-Literaturpreis der Stadt Stavenhagen. Er starb am 15. April 2003.
Die Rostocker Sieben und andere Merkwürdigkeiten
12,90 €
Wichtige Anregungen verdanken wir dem bei Hinstorff erschienenen Band "Die Rostocker Sieben und andere Merkwürdigkeiten", formulierte Walter Kempowski 1994 in seiner editorischen Notiz zu dem Buch "Mein Rostock". Vielen Lesern wird es ebenso ergangen sein wie dem bekannten Schriftsteller, der der Stadt seiner Jugend in vielen Romanen ein Denkmal setzte.
Geschichte wird zu Geschichten, die den besonderen Reiz dieser alten Hafen-, Universitäts- und Hansestadt an der Warnow deutlich machen: Da wird von Festen auf dem Pfingstmarkt erzählt, von Ferien in Ausflugslokalen; Originelles über Originale und auch ganz Gegenwärtiges erfährt der Leser.
Natürlich kommen "große" Rostocker zu Wort: Walter Kempowski, wie schon erwähnt; Ricarda Huch nannte Rostock eine "heroische" Stadt, Adolf Wilbrandt spricht von Kinderjahren unter den "soeben Karken" und zwischen den "soeben Toren". Arnold Zweig erinnert sich der Vorlesungen Wolfgang Golthers, Curt Goetz weiß zu erzählen von den Brettern, die die Welt bedeuten.
Die meisten holte die Universität in die Stadt: Ulrich von Hutten, Heinrich Seidel, Arno Esch und Uwe Johnson. Manche nur für ein Zwischensemester, andere, um zu promovieren oder sich ein Ehrendiplom abzuholen. Bei solch einer Gelegenheit beobachtete Albert Einstein "Ergötzliches in der Kleinstaat-Politik". Georg Heym machte sogar einen deftigen Reim auf Rostock: o Jesu, wolltest du dich unsrer erbarmen, / Denn in Rostock soffen wir wie die Ortsarmen.
Viele andere priesen Rostock auf Niederdeutsch und setzten der Stadt auf diese Weise ein Denkmal: Fritz Reuter, die Gebrüder Eggers, Max Dreyer, Berthold Brügge, Kurt Dunkelmann – und natürlich John Brinckamn mit "Rostock, min oll Vadderstadt" und einer sehr aufschlussreichen Korrespondenz aus dem Jahre 1836.
Kurt Tucholskys "Prinzessin" aus "Schloß Gripsholm" hat ihre ganz eigene Art der Wiederbegegnung mit Rostock-Warnemünde:
Harre Gott, nein ... Da ische den Strom, da bin ich sozusagen an groß geiworn! Da wohnt scha Korl Düsig un min oll Wiesendörpsch, un in das nüdliche lütte Haus, da wohnt Tappsier Kröger, den sind solche netten Menschen, as es auf diese ausgeklürte Welt sons gah nich mehr gibt ... Und das is Zenater Eggers sin Hus, Dree Linden. Un sieh mal: das alte Haus da mit den schönen Backsteingiebel – da spükt es in! ... Da-da ist das Haus, wo die alte Brüshaber in giewohnt hat, die war ein so fühnsch, daß ich 'n beßres Zeugnis gehabt hab als ihre Großkinder; die waren immer so verschlichen ... und da hat sie von 'n ollen Wiedow, dem Schuldirektor, gesagt: Wann ick den Kierl inn Mars hat, ick scheet em inne Ostsee! ...
Anekdoten, Geschichten, Gedichte zum Ruhm und zur Ehre einer Stadt, ein Buchgeschenk und ein Geschenk-Buch, das Glück bringt, nicht nur wegen der Sieben.
Mecklenburg. Ein Lesebuch
17,50 €
Ein Lesebuch von Mecklenburg – es begleitet den Leser auf einer Reise durchs Land. Markgrafenheide, Fischland, Torgelow sind dabei so gegenwärtig wie Rostock, Güstrow, Schwerin und die Seenlandschaft Binnenmecklenburgs.
Diese Gegenden nehmen Gestalt an durch Texte von bürgerlichen Autoren des 19. Jahrhunderts und des frühen 20. Jahrhunderts: durch Erinnerungen des späteren Burgschauspielers Ludwig Gabillon, durch Texte von Friedrich Griese, Otto Piper, Heinrich Seidel, Adolf Friedrich Graf von Schack, Carl Schurz, Julius Wiggers und von Friedrich C. Witte, die ein umfassendes Bild vom Feiern und vom Leben in Pastoren- und Gutshäusern, von Erziehungsmethoden, vom beschwerlichen Unterwegssein, vom Lesen, von Ess- und Trinkgewohnheiten, vom Alltag einer Wanderbühne zeichnen.
Sie stehen den kunstvoll novellistischen Erzählungen Max Dreyers, Hans Francks, Gerhard Ringelings, Adolf Wilbrandts und Wilhelm Zierows an Spannung in keiner Weise nach.
Unbekannte Briefe des jungen Fritz Reuter, eine bisher unveröffentlichte Novelle von Gertrud von Le Fort und lange nicht Gedrucktes von Brinckman kommen dazu. Victor Klemperers Besuch bei dem vereinsamten Wilbrandt in Rostock und bisher nicht Ediertes von Rudolf Hartmann stehen exemplarisch für das Besondere der Texte dieses Bandes.
Johannes Gillhoff, der eine Überfahrt ins Skandinavische thematisiert, kommt mit ganz ungewohntem Witz daher. Walter Kempowski, Friedrich Griese und Willi Bredel beschließen den historischen Zeitraum mit Schilderungen der Umwälzungen nach dem Krieg 1945.
Jürgen Grambow und Wolfgang Müns bewahren mit ihrem Lesebuch beste literarische Traditionen, führen fort und vertiefen durch eine Textauswahl, die Mecklenburg erleben lässt auf neuartige, aber doch vertraute Weise.