Arnold Hückstädt, geboren 1935, war von 1959 bis 1991 Leiter des Fritz-Reuter-Literaturmuseums in Stavenhagen und ist wohl der beste Kenner Reuters und seines Werkes. Neben der dreibändigen Reuter-Briefausgabe (2009/2010) veröffentlichte er bei Hinstorff zuletzt das Reisehandbuch „Auf Fritz Reuters Spuren" (2006) und das Kennenlernbuch „Gestatten? Fritz Reuter" (2012).
"Mit Fritz Reuter besitzt die niederdeutsche Literatur neben Klaus Groth und John Brinckman einen ihrer bedeutendsten Vertreter. Man kennt seine Werke, freut sich an den Späßen der ‚Läuschen un Rimels‘, ist tief berührt von dem Leid, das den Liebenden Johann und Mariken in ‚Kein Hüsung‘ widerfährt ... Doch wer kennt die andere Seite der künstlerischen Doppelbegabung Reuters? Wer weiß um sein Talent des Malens und Zeichnens?", formuliert Reuter-Forscher und -Kenner Arnold Hückstädt und macht diesen Aspekt in Fritz Reuters Leben zum Thema seines faszinierenden Bandes, dessen Credo eindeutiger nicht sein kann: "Mit weit mehr als 200 Zeichnungen und Gemälden, von denen 138 überliefert und in der vorliegenden Publikation abgedruckt sind, gehört Reuter in die lange Reihe deutscher Malerdichter wie Johann Wolfgang von Goethe, Gottfried Keller, Adalbert Stifter, Wilhelm Raabe oder jüngst Günter Grass."
Fritz Reuter hat die meisten seiner Briefe in hochdeutscher Sprache geschrieben. Das durch Frische und Natürlichkeit ausgezeichnete Briefwerk als Ganzes erweist sich als unverstelltes Spiegelbild des Menschen, des Autors und des Zeitzeugen Reuter.
Zwar klagte er manchmal unter der Last seiner äußerst umfangreichen Korrespondenz, doch im Grunde war er ein ungewöhnlich kontaktfreudiger Autor, der den Gedankenaustausch nicht nur mit anderen Schreibenden, sondern auch mit seiner Leserschaft suchte. Es erfüllte ihn durchaus mit Stolz, dass er Briefe aus London, Zürich oder Rio de Janeiro zu beantworten hatte.
339 Briefe hat der Reuter-Fachmann Arnold Hückstädt für den ersten Teil seiner auf drei Bände angelegten Sammlung an Reuter-Briefen zusammengetragen und kommentiert, wobei er der 1967 erschienenen Werkausgabe eine Vielzahl von neuen Erkenntnissen hinzufügen konnte.
Der Band umfasst weite Teile der produktivsten Phase im Leben des Schriftstellers und ist deshalb werkgeschichtlich besonders interessant.
Auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft befand sich Fritz Reuter zwischen 1859 und 1863. In jenen Jahren wohnte er mit seiner Ehefrau Louise in Neubrandenburg, danach siedelte das Paar nach Eisenach über. Die Trennung von Neubrandenburg fiel Fritz Reuter sehr schwer. Dies spiegelt sich in seinen Briefen wider. Deutlich erkennbar ist aber auch die wachsende Zuneigung des Autors zu seinem neuen Wohnort in Thüringen.
Vergnüglich zu lesen ist die von wohlwollendem Misstrauen geprägte Korrespondenz Reuters mit seinem Verleger, Dethloff Carl Hinstorff. Ein weiterer Schwerpunkt in diesem Band der ingesamt dreiteiligen Briefausgabe ist die Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Universität Rostock. Ab der Eisenacher Zeit schlagen sich auch die politischen Ansichten Fritz Reuters in seiner Korresponz nieder.
Der dritte und abschließende Band der über 2000 Seiten umfassenden kommentierten Briefausgabe umfasst die letzten Jahre im Leben Fritz Reuters, der gerade einmal 64 Jahre alt wurde
Es wird im Herbst seines Daseins deutlich stiller um ihn, im Anschluss an »De Reis nah Konstantinopel« verfasst er kein weiteres Werk, mehrere Freunde und langjährige Weggefährten sterben. Das Augenmerk des Schriftstellers richtet sich mehr und mehr auf alltägliche Probleme: Garten, Personal, Kohlenbestellungen, etc.
Aber auch die Verteidigung seines literarischen Erbes und der damit verbundenen Einnahmen bereitet Reuter Kopfzerbrechen. Raubdrucke überschwemmen den US-amerikanischen Markt, ungebetene Übersetzungen fallen nicht zur Zufriedenheit des Autors aus. Hier und da bezieht Fritz Reuter noch politisch Stellung zu gesellschaftlichen Ereignissen; insgesamt ist dieser Band durch den Rückzug des Schriftstellers aus der Öffentlichkeit geprägt.
"Da wir es hauptsächlich mit Leuten zu thun haben, die außer dem Hochdeutschen nie etwas gelesen haben", so hielt Fritz Reuter vorausschauend schon kurz vor Weihnachten 1859 fest, will dieses Kennenlernbuch ganz besonders ebensolche Leser erreichen und erfreuen.
Stück für Stück macht es mit einem großen Schreibtalent vertraut. Entlang eines spannenden Lebensweges, der unter anderem durch Studentenkneipen und preußische Haftzellen führte, stellt Arnold Hückstädt Reuters Werke vor – von denen übrigens nicht wenige auf Hochdeutsch erschienen sind. Mit sicherer Hand skizziert er die jeweiligen Entstehungsbedingungen des Geschriebenen, stellt es mit sorgsam ausgewählten Textausschnitten und zusammenfassenden Inhaltsangaben vor. Wohldosierte Lese- und Verständnishilfen am Seitenrand erleichtern den Zugang auch zu den niederdeutschen Textpassagen.